Nach vierjähriger Pause fand Ende Februar wieder eine Konferenz der Initiative „Wachstum im Wandel“ statt.  Wie bei den zwei vorhergehenden Konferenzen beteiligte sich auch SERI wieder an den zahlreichen „Parallel Session“ genannten Workshops. Zudem begleitete auch N21, unser Onlinemedium rund um die Nachhaltigkeit, die Veranstaltung mit einem dreitägigen Workshop, bei dem Teilnehmer den Live-Blog der Konferenz befüllten und sogar zwei Ausgaben einer Konferenzzeitung herausgaben. Rückblickend  beschreibt Fritz Hinterberger auch in seinem aktuellen Blogbeitrag auf www.esgehtumwas.at Geschichte und Gegenwart des „Wachstum-im-Wandel“-Prozesses, an dem SERI von Anfang an beteiligt war.

Gleich am ersten Tag von “Wachstum im Wandel 2016″ erklärte Angelika Zahrnt in einem von SERI und Club of Rome gemeinsam organisierten Workshop zum Thema „Säkulare Stagnation“ die Begriffe Wachstum und Stagnation. Vor etwa zwei Jahren belebte Larry Summers amerikanischer Ökonom und Finanzminister unter Bill Clinton die Debatte neu, die aber auf die Umwelt keinerlei Bezug nimmt. Es gibt viele Gründe für niedriges Wachstum, z.B. die Alterung der Gesellschaft, Ressourcenknappheit, Konsumsättigung, Verschuldung und/oder hohe Zinsen. „Auf diese Gründe muss jeweils Bezug genommen werden, wenn wir (wie auch immer) damit umgehen wollen,“ so Zahrnt.

Angelika Zahrnt bei der SERI-Session “Säkulare Stagnation”. (© BMLFUW/Jana Madzigon)

Diese Debatte sollte aber die vielen Argumente der „Postwachstums“-Bewegung berücksichtigen, die sich schon länger mit der Frage beschäftigen, „was dann?“. Umgekehrt sollten sich aber auch „Postwachstumsökonomen“ mehr mit der Hypothese einer säkularen Stagnation auseinander setzen, als mit der Frage: Wieviel Wachstum wollen wir? „Die Ursache der großen Krise Europas ist nicht eine „säkulare Stagnation“, sondern eine „falsche Navigationskarte“, sagte dagegen Stephan Schulmeister. Für ihn ist sie Teil der Verdrängungsstrategie der Mainstreamökonomen, die mit der Krise nichts zu tun haben wollen, die sie aber sehr wohl durch ihre Lehren mit verursacht haben.

Was passiert wenn die Zivilbevölkerung den Übergang zu weniger Ressourcenverbrauch einleitet? Jill Jäger und Henning Wilts präsentierten das in der Session „Scenarios for Europe using much less resources “. Im von SERI mitgetragenen EU-Projekt POLFREE (Policy Options for a Resource Efficient Economy) werden drei verschiedene idealtypische Wege in eine ressourceneffiziente Zukunft aufgezeigt. Während bei „Global Cooperation“ weltweit auf der supranationalen Ebene zusammengearbeitet wird, kooperiert man bei „EU Goes Ahead“ vornehmlich auf europäischer Ebene. Der Wandel wird in beiden Varianten vornehmlich „von oben“ getrieben.

Im von Jill Jäger näher vorgestellten dritten Szenario „Civil Society Leads“ geht die Transformation zu weniger Ressourcenverbrauch von der Bevölkerung und Teilen der Zivilgesellschaft aus. Veränderungen wie weniger Fleischkonsum und mehr gemeinschaftliche Nutzung von Gebrauchsgegenständen führen zu einer starken Reduktion von CO2-Emissionen und anderen Überbelastungen. Bemerkenswert, so Jill Jäger, sei, dass Nullwachstum und Arbeitszeitverkürzung in der komplexen makroökonomischen Modellierung zu 17 Millionen zusätzlichen Jobs gegenüber „Business-as-Usual“, also Wirtschaften weiter wie bisher, führten. Henning Wilts vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie erläuterte außerdem wie die sogenannten „policy mixes“, die Kombinationen von umweltpolitischen Maßnahmen und Verhaltensänderungen der Menschen, für die jeweiligen Szenarios gefunden wurden. Diese Eingriffe können je nach Einsatzgebiet freilich sehr unterschiedlich aussehen und reichen etwa von Besteuerung bis zu sozialer Innovation.
Die Präsentation von Jill Jäger finden Sie hier, die von Henning Wilts hier.

SERI-Geschäftsführer Fritz Hinterberger moderierte einen Workshop zum Projekt POLFREE mit Jill Jäger und Henning Wilts (v. li. nach re.; Foto: © BMLFUW/Jana Madzigon)

Ein Workshop unseres Onlinemediums N21 begleitete die Konferenz über die drei Tage hinweg. Unter der Leitung des Journalisten Manfred Ronzheimer („taz“) erschienen kürzere Beiträge schon während der Tagung auf der Website der Veranstaltung. Außerdem wurden zwei „Morgenzeitungen“ gedruckt, die über Workshops und Vorträge des Vortags berichteten. Längere Beiträge wie Gastkommentare zu einzelnen Keynotes erschienen dann wie gewohnt auf n21.press, ebenso wie eine Reihe von Videos, in denen wir ExpertInnen zu den Themen Wachstum, Wirtschaftssystem und Wandel interviewt haben.

Die Videos finden Sie auch hier und hier auf N21.

Das Thema Wachstum beschäftigt uns am SERI schon eine Zeit lang, ob in Projekten wie POLFREE (siehe oben) oder GLAMURS.

Vor 2 Jahren erschien das Buch von Fritz Hinterberger und Christine Ax „Wachstumswahn – was uns in die Krise führt und wie wir wieder herauskommen“, in dem sie sehr allgemein verständlich beschreiben, worum es beim Wachstumsthema eigentlich geht: nicht ob wir für oder gegen Wachstum sind (was diesem herzlich egal ist), sondern wie wir mit der Tatsache umgehen, dass Wachstumsraten, wie es die heute 50-jährigen aus ihrer Jugend noch kennen, nie mehr zurück kehren werden.